Ramping Up Esch2022 – Gemeinsam bauen wir die Zukunft!
Nancy Braun ist seit 2018 Generaldirektor von Esch2022. Erste berufliche Erfahrungen im Kulturbereich sammelte sie 2007 als stellvertretender Generalkoordinator von Luxemburg und die Großregion, Kulturhauptstadt Europas 2007. Anschließend saß sie dem Aufsichtsrat der Carré Rotondes vor und war fast sechs Jahre Direktor der Verwaltungs- und Finanzabteilung der Luxemburger Anwaltskammer, bevor sie als Generalkoordinator der Demokratischen Partei Luxemburgs (DP) berufen wurde. Im Januar 2016 trat sie das Amt des Verwaltungsdirektors des Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain an.
Q: Nancy, Sie sind Generaldirektor von Esch2022. Warum ist diese Position so interessant für Sie?
A: Zum ersten ist sie interessant für mich, weil ich Herausforderungen im Beruf sehr mag. Eckige und kantige Projekte sind mir die liebsten. Zweitens ist es ein Projekt von großer Wichtigkeit und es bedeutet mir viel es leiten zu dürfen. Und weil es eine hohe Priorität genießt, lassen sich auch unzählige Themen anstoßen, die für gewöhnlich weniger schnell auf die Agenda gesetzt werden können.
Besonders viel Freude bereitet mir, dass das Projekt aus verschiedenen Facetten besteht, die ich berühren kann.
Q: Wie sieht denn ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aus, wenn so ein großes Projekt über Jahre im Voraus geplant wird?
A: Ich bin mit vielen Menschen wie Bürgermeistern, Ministern, Unternehmern, Aktivisten, Kreativen und Künstlern im Austausch. Und natürlich ist auch intern sehr viel Präsenz und Input gefragt. Das versuche ich von morgens bis abends in meinem Kalender so zu organisieren, dass kein großes Chaos ausbricht. Ich denke der Ablauf ist „Some Kind of Rock ‚N‘ Roll“, wie ich immer sage.
Q: Dabei ist Kultur sicherlich auch ein besonders dankbares Thema für Sie. Warum ist dir Kultur so wichtig?
A: Kultur ist wichtig für mich, weil sie etwas ist, was wir sind und wie wir leben. Kultur ist sehr viel, denn es handelt sich dabei ja nicht nur um Kunst. Für mich ist sie, wie wir uns in der Zeit entwickeln, wo wir hinkommen – und das gemeinsam. Außerdem ist sie ein sehr starker Motor, welcher Menschen, Städte, Regionen, Länder zusammenbringt. Und das ist genau das, was so spannend ist. Es geht um Menschen, um das Verständnis für sie und um ihr Zusammenleben.
Q: Warum ist Esch als Stadt, aber auch die Region rund um Esch, in kultureller Hinsicht von Bedeutung? Was hat Esch der Welt zu bieten, wenn wir heute auf 2022 blicken?
A: Kultur ist für Esch seit jeher ein wichtiges Thema und die Region ist ein Nährboden für viele Künstler und Kulturschaffende, die von hier stammen. Ich denke, dass durch die vielen Investitionen in Stadt und Region, die in den letzten Jahren getätigt wurden, respektiv getätigt werden, viel Spannendes auf der Bildfläche erscheinen wird. Außerdem wird sich die Region in der Zeit weiterentwickeln, weil sie einfach so ein toller Nährboden für kulturelle Entwicklungen ist. Darüber hinaus ist natürlich sehr spannend, dass in dieser Region 120 verschiedene Nationen zusammenleben. Es ist ein riesiges „Gewusel“ an Menschen verschiedenster Kulturen, die sich mit der Zeit weiterentwickeln werden. Das Terrain ist einfach so spannend, weil hier vieles entstehen kann. Und wenn wir es fertigbringen, mit Esch2022 einen solchen Remix herzustellen und die Leute wirklich zusammenzuführen, gemeinsam zu kreieren, zusammenzuarbeiten und nach vorne zu sehen, dann hat das sehr großes Potenzial für die Zukunft.
Q: Was ist Ihre persönliche Vision für die Region Esch im Jahr 2022, aber natürlich auch darüber hinaus?
A: Meine Vision ist, dass ein Imagewechsel stattfinden wird. Die Zukunftsperspektiven und die künftige Entwicklung für die Region sollen aufgezeigt werden, um Esch klar zu positionieren. Es steckt einfach sehr viel Potenzial in der Region und das sieht man an der Stadt Esch selbst. Sie wird sich in den nächsten zehn Jahren stark entwickeln, weil verschiedene neue Wohnviertel und vieles mehr entstehen wird. Zusätzlich gibt es große Firmen, die sich hier ansiedeln werden, weil einfach dezentral gedacht wird. Und ich denke, das ist eine große Chance für Esch und die Region, sich in Zukunft neu zu positionieren.
Q: Wenn Sie an die Vergangenheit, aber auch an die Zukunft von Esch denken: Wie hat sich die Region in der Geschichte entwickelt, also von einer industriellen Stahlstadt zu einer Kulturhauptstadt?
A: Esch2022 hat einen tollen Slogan, mit dem wir für den Launch arbeiten: „From Red Earth to Grey Matter“ – und dieser bringt es auf den Punkt. Die Stadt respektive die Region befindet sich in einer konstanten Transformation, und um Transformation geht es auch bei unserem Projektprozess. Ich denke, das macht eine Kulturhauptstadt am Ende interessant – nämlich aufzuzeigen, wie die Vergangenheit mit der Zukunft verbunden werden kann. In der Vergangenheit ist der Reichtum der Region entstanden und der nächste Schritt ist, wie das Thema „Grey Matter“ die Zukunft der Region werden kann. Über ein Kulturhauptstadtprojekt wie dieses können wir all diese Themen mit aufnehmen und sie nicht nur dem Publikum, sondern auch der Bevölkerung näherbringen.
Q: Das Großherzogtum Luxemburg hat rund 600.000, die Gemeinde Esch ungefähr 35.000 Einwohner. Wer soll Esch im Jahr 2022 besuchen und warum?
A: Bei Esch2022 kann jeder finden, was ihn anspricht. Das Angebot geht von Nischenprojekten zu großen Publikumsereignissen, Erlebnissen in der Natur, verbunden mit Kunst und Kultur. Wir laden alle ein, mitzumachen, mit zu kreieren oder einfach mit dabei zu sein. Dadurch, dass das Projekt so breit gedacht ist, ist es nicht nur interessant für Touristen, die nach Luxemburg zu kommen, einen Abstecher nach Esch oder in die Region zu unternehmen, sondern auch für die Bevölkerung Luxemburgs. Es gibt hier für jeden etwas: von klein bis groß und von jung bis alt.
Q: Wenn Sie an die Spuren denken, die das Projekt hinterlassen soll, nicht nur in der Region, sondern einfach in den Köpfen der Menschen, die die Kulturhauptstadt 2022 besuchen, welchen Eindruck möchten Sie damit überbringen?
A: Ich möchte vor allem, dass die Menschen, die in der Region leben, stolz auf die Heimat sind, in der sie leben und arbeiten. Erst durch sie entsteht ein wirklich positives Bild der Region. Die Besucher werden gerade durch die Einwohner erkennen, wie facettenreich und besonders Esch ist. Am wichtigsten ist mir am Ende, dass alle spüren, dass es eine Zukunft für die Region gibt und es sich lohnt zurückzukehren – und sei es nur zu Besuch.
Die Originalfassung dieses Artikels wurde auf der Website der Europäischen Kulturhauptstadt Esch2022 am 12.Januar 2021 veröffentlicht.